Zündfunke | Veröffentlicht in MIZ 2/19 | Geschrieben von Redaktion MIZ

Zündfunke … Klage gegen Ramelow / SkepKon 2019

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Klage gegen Ramelow

Das Institut für Weltanschauungsrecht (ifw) hat Klage wegen Verletzung der Informationsfreiheit (Art. 5 Grund­gesetz) gegen den thüringischen Mini­sterpräsident Bodo Ramelow (Die Linke) eingereicht, da dieser auf seinem Account das Twitter-Konto @ifw_recht blockiert hat. Das Vorgehen des Ministerpräsident steht wahrscheinlich in Zusammenhang mit einem Meinungsaustausch über die sog. Staatsleistungen, den die Koordinatorin des ifw, Jacqueline Neumann, angestoßen hatte.

Im Juni 2018 hatte das ifw an die Fraktionen im thüringischen Landtag getwittert: „Auch unter Rot-Rot-Grün in #Thüringen mit @bodoramelow sprudeln die #Staatsleistungen an die Kirchen weiter. Gegen das eigene Wahlversprechen! Vgl. Wahlprüfstein @konfessionsfrei. Wann handelt der Landesgesetzgeber?“. In seiner Reak­tion stellte Ministerpräsident Ramelow darauf ab, dass das Land hier nicht zuständig sei, sondern der Bund, und im Bundestag gebe es dafür keine Mehrheit. Darauf hin verfasste Jacqueline Neumann einen Beitrag, der auf der Webseite des ifw zu finden ist, in dem sie detailliert darlegt, dass sich Ramelows Position nicht im Einklang mit der Verfassung befinde, er entgegen dem handele, was die Partei Die Linke zuvor in Bundes- und Landtagswahlprogrammen gefordert hatte, und er sich auch nicht auf die Zustimmung der Bevölkerung berufen könne.

Die Tweets des ifw hatten Dis­kussionen ausgelöst und Jacqueline Neumann geht davon aus, dass der Ministerpräsident durch die Sperrung des ifw-Accounts solche Debatten verhindern möchte. Sie vergleicht das Vorgehen Ramelows mit der Situation auf einer Diskussionsveranstaltung in der Staatskanzlei, aus der sie, nachdem sie ihre „grundgesetztreue Position zur Umsetzung des Staatsleistungen-Verfassungsauftrages“ vorgetragen und 
„den Ministerpräsidenten für seine ver
fassungsmissachtende Haltung bei den Dauerzahlungen an die Kirche aus öffentlichen Steuergeldern“ kritisiert habe, „ohne vernünftigen Grund von den Saaldienern“ hinausgeworfen werde.

Dem Verfahren kommt grundsätzliche Bedeutung zu, da die Kommunikation von Regierungsmitgliedern und Be­hörden in den Sozialen Medien rechtlich noch nicht geregelt ist. Es ist durchaus möglich, dass die Sache zur Klärung der Frage beitragen kann, wann staatliche Einrichtungen zivilgesellschaftliche Kräfte von Diskussionen ausschließen dürfen. Vertreten wird das ifw durch den bekannten Anwalt Joachim Steinhöfel, der auf juristische Erfolge in Auseinandersetzungen mit Facebook über die Löschung von beispielsweise islamkritischen Einträgen sowie mit Twitter über die Sperrung von Benutzerkonten verweisen kann.

Zur Wahl des Anwalts durch das ifw gibt es allerdings auch kritische Stimmen. Steinhöfel gilt vielen als Selbstdarsteller. Es stellt sich zudem die Frage, ob die Positionen, die Steinhöfel in Bezug auf die sog. Flüchtlingskrise vertreten hat (und mehr noch zahlreiche Aussagen, die er in seinem Blog in der Kommentarspalte stehen lässt), mit der humanistischen Zielsetzung der Giordano-Bruno-Stiftung, von der das ifw getragen wird, in Einklang zu bringen sind.

SkepKon 2019

Ende Mai fand in Augsburg die diesjährige Skeptikerkonferenz (SkepKon) statt. Deutlich erkennbarer Schwerpunkt war (wieder einmal) der Bereich Medizin, da hier esoterische Vorstellungen oft direkte Folgen nach sich ziehen können. Aktuelles, in zwei Vorträgen behandeltes Beispiel ist die Ablehnung von Impfungen. Die Haltung ist in Deutschland so weit verbreitet, dass für einige Krankheiten, wie die Masern, ein flächendeckender Impfschutz aufgrund der zahlreichen nicht geimpften Menschen nicht besteht – was für alle, die nicht geimpft werden können, ein Ansteckungsrisiko bedeutet.

Auch der Carl-Sagan-Preis ging an ein Projekt, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, „Gefahren hinter der vermeintlich oft ‘sanften’ Medizin aufzuzeigen und zur Verhinderung von unnützen und schädlichen Pseudotherapien beizutragen“, wie es in der Mitteilung der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP) heißt. Verliehen wurde die Auszeichnung im Rahmen der SkepKon an Nicola Kuhrt und Hinnerk Feldwisch-Drentrup. Die beiden Journalisten betreiben den Blog MedWatch, dessen Beiträge sich kritisch sowohl mit schul- als auch alternativmedizinischen Verfahren und Arzneimitteln auseinandersetzen.

Andere Themen waren Verschwö­rungstheorien, die Energiewende und 
die Vorstellung, Energie quasi aus dem Nichts zu gewinnen, sowie psycho­logische Erklärungen für den Erfolg von Pseudoerklärungen. Dabei gab es 
auch besonders unterhaltsame Präsen-
tationsformen, etwa wenn Martin Moder und Nikil Mukerji versuchen 
zu ergründen, ob der kanadische Psychologe und Autor von 12 Rules for Life Jordan Peterson als „wichtiger Denker oder gefährlicher Pseudo­intellektueller“ einzustufen ist.

Mit einem bizarren Polizeiauftritt sah sich Bernd Harder konfrontiert. Vier Beamte in voller Montur, mindestens einer davon mit einer Body-Cam ausgestattet, rückten an, um den GWUP-Pressesprecher nach seiner Anschrift zu fragen. Hintergrund ist offenbar eine Anzeige wegen Beleidigung, die ein einschlägig bekannter Vertreter nicht nachvollziehbarer Vorstellungen erstattet hatte, nachdem Bernd Harder sich zu dessen Positionen geäußert hatte. Dem Vernehmen nach war dies nicht die erste Anzeige, die der Mann gegen Skeptiker auf den Weg gebracht hat. Während es bisher aber augenscheinlich aufgrund der offensichtlichen Unbegründetheit der Anwürfe nie zu einem Verfahren gekommen war, hat sich diesmal ein Staatsanwalt funktionalisieren lassen. Auch wenn der GWUP-Pressesprecher trotz des martialischen Polizeiaufgebots nicht wirklich eingeschüchtert wirkte, müssen solche Aktionen als Alarmsignal gelten.