Neulich | Veröffentlicht in MIZ 1/19 | Geschrieben von Daniela Wakonigg

Neulich …

… bei den Freunden des Teufels

… also bei Ihnen, liebe MIZ-Leserinnen und -Leser. Nein, nein, das ist keine Beleidigung, sondern neuerdings in theologischen Kreisen der fachlich korrekte Terminus für Kirchenkritiker*in­nen. Glauben Sie nicht? Dann erkundigen Sie sich beim amtierenden Pontifex Maximus der römisch-katholischen Kirche, denn Don Francesco persönlich hat ihn festgelegt.

Mitte Februar traf Franziskus eine Gruppe süditalienischer Rom-Pilger und sprach mit ihnen über Kritik an der Kirche. Die Schwächen der Kirche müssten angeprangert werden, damit man sie korrigieren könne, so der Papst. Aber jene, die die Kirche ein ganzes Leben lang und „ohne Liebe“ verdammten, seien „die Freunde, Cousins und Verwandten des Teufels“, sagte das Kirchenoberhaupt.

Nun ist der Teufels-Fetisch des Papstes kein Geheimnis. Franziskus glaubt an die Existenz und Allgegenwart des Leibhaftigen in einer Weise, die Menschen im Allgemeinen früher oder später in die Obhut psychiatrischer Einrichtungen wandern lässt – es sei denn, sie sind zufällig gerade Oberhaupt einer etablierten religiösen Vereinigung.

Auch, dass er’s mit den Atheisten und ihrem vermaledeiten Unglauben nicht so hat, hatte der Papst bereits in seiner Antrittsmesse klargestellt. Doch die freundliche kleine Äußerung des Papstes im Februar übertraf noch einmal alles, was der Oberhirte im Porzellanladen des Taktgefühls üblicherweise zerdeppert.

Denn der Zeitpunkt, an dem Fran­ziskus Kirchenkritiker als „Freunde des Teufels“ bezeichnete, war der Vorabend der Missbrauchskonferenz im Vatikan. Es ist deshalb davon auszugehen, dass diese Formulierung all jenen galt, die den finsteren Plan hegten, die Kirche wegen des groß angelegten Missbrauchs und seiner Vertuschung in den klerikalen Strukturen zu kritisieren.

Richtig perfide wird es jedoch, wenn man sich vor Augen hält, bei wem unter diesen Kritikern Franziskus mit seiner Äußerung überhaupt mehr als schallendes Gelächter hervorruft. Denn wer sich von der Kirche und dem Glauben abgewendet hat, den trifft es auch nicht sonderlich schwer, wenn er oder sie als Freund eines nicht-existenten Wesens bezeichnet wird. Aber es gibt auch die anderen. Jene, die massiven Missbrauch in der Kirche erfahren haben, die es aber trotzdem nicht geschafft haben, sich von der Institution und dem Glauben, für den sie steht, abzunabeln. Menschen, die noch immer an Teufel und Gott glauben und daran, dass der Papst der Stellvertreter des Letzteren auf Erden ist. Ihnen, den Kritikern in­nerhalb der Kirche und des Glaubens, versetzt Franziskus hier einen Maulkorb der Angst. Denn wer von diesen noch immer gläubigen Missbrauchten würde es wohl wagen, die heilige Mutter Kirche zu kritisieren, wenn ihn dies zu einem Freund des Teufels macht? Und so ist die Äußerung des Papstes nicht nur eine (wenn auch höchstens das Zwerchfell treffende) Beleidigung von Kirchenkritikern, sondern – da sie im Kontext der Missbrauchskonferenz getätigt wurde – auch eine perverse Verhöhnung der Missbrauchsopfer.